Vor ein paar Jahren hielt ich vor 120 Frauen einen Vortrag darüber, die eigene Kraft wirklich zu nutzen. Ich erzählte davon, mit 23 Jahren ein Team zu führen und am Rande, wie es war, einfach mal nichts zu tun während meiner Auszeit auf einem Segelboot. Wie ich Monate gebraucht habe, Nichtstun dem Tun vorzuziehen und die Stille und den endlosen Blick auf den Ozean einfach so genießen zu können. Komischerweise war diese Seitenanekdote das, was die Zuhörerinnen am meisten zum Nachdenken gebracht hat.
Ich erlebe in meinen Coachings und bei mir heute noch, das wirkliches Nichtstun und die damit verbundene Stille am Anfang schwer auszuhalten ist. Wenn alles andere leise wird, kann unsere eigene Stimme lauter werden. Sie wurde wahrscheinlich lange nicht gehört. Meditierende haben damit oft zu kämpfen oder gar Angst davor. Da wir durch unsere täglichen Informationsoverflows den (natürlichen) Zugang zur Stille verloren haben, müssen wir wieder klein anfangen.
Was also tun, wenn gerade kein Boot da ist, was dich für ein paar Wochen aus allem herauszieht?
Zunächst bedeutet Stille nicht die Abwesenheit von Geräuschen. Boote können auch geräuschvoll sein. Es geht hier viel mehr um die Fähigkeit, das wahrzunehmen, was da ist. Es geht gerade nicht darum, sich auf eine Sache zu fokussieren, sondern genau alles andere aufzunehmen und wahrzunehmen.
Und wer dies tut, kann Wunder erleben. Stille ist ein Katalysator zu unserer Seele und zu unserem Körper und zeigt uns, den Weg, wenn wir lernen, zuzuhören. Und das braucht Übung. Schlussendlich ein Investment (siehe vorheriger Beitrag). Schritt für Schritt.
Bevor wir uns selbst zuhören und mit Stille konfrontieren und stundenlang entspannte meditierende Buddhas unter Feigenbäumen werden, können wir lernen, der Natur zu lauschen.
Wenn du das nächste Mal spazieren gehst, dann nimm alles wahr, was da ist - alle Geräusche. Höre nur zu. Es reichen 10 min bevor du wieder Musik oder den Podcast anmachen darfst. Glaub mir, die Stille zu erleben wird so großartig sein, dass du den Podcast oder die Musik im Anschluss nicht mehr möchtest. Im Coaching nenne ich das auch „Pleasure Walk“.
Die Wahrnehmungsfähigkeit zuerst in der Natur zu üben, lässt uns zu besseren Zuhörern werden - für andere und auch für uns selbst: Ein wundervoller Anfang, wenn dir meditieren (noch) schwerfällt.
Wenn du der Natur richtig zuhörst, lernst du, das Gehörte zu verinnerlichen. Die Vögel singen auch meistens nicht zu unserem Vergnügen. Wenn du dann - nach ein paar Spaziergängen - das nächste Mal mit einer Person sprichst, dann höre nicht nur auf das, was du möchtest, was gesagt wird (Fokus), sondern wage es zu riskieren, das zu hören, was wirklich gesagt wird (alles andere). Spüre deine eigene emotionale Reaktion, wenn über riskante Themen gesprochen wird. Höre zu und nimm alles auf. Danach versuche es mit Meditationen.
Der Einfachheit nach noch einmal sortiert: Erst der Natur zuhören, dann anderen zuhören und dann dir selbst wirklich zuhören.
Für mich geht es im April erneut für einige Tage auf einen Schweige-Retreat. Eine Einladung, der Denkfabrik meiner Seele wieder besser zuzuhören. Unten habe ich ein paar interessante Links zum Thema Stille gesammelt - wenn du tiefer eintauchen möchtest.
In diesem Sinne wünsche ich dir viel Freude mit der Stille und beim Zuhören und dabei viel Sonne im Herzen - bis nächste Woche,
Deine Elena
PS: Wenn dir gefällt, was ich schreibe, freue ich mich so sehr, wenn du diesen Newsletter weiterleitest und/ oder ein ❤️ hinterlässt. Tausend Dank an dieser Stelle! Lass uns gemeinsam wachsen!
Links zum Thema #Stille, #Meditation und #Zuhören:
🎧 Der Akustikökologe Gordon Hempton sammelt Geräusche aus der ganzen Welt. Als aufmerksamer Zuhörer sagt er, dass Stille eine gefährdete Spezies ist, die vom Aussterben bedroht ist. Er definiert echte Stille als Präsenz - nicht als Abwesenheit von Geräuschen, sondern als Abwesenheit von Lärm. Er ist Gründer der Quiet Parks International, die sich zum Ziel gesetzt hat, "die Stille zum Wohle allen Lebens zu retten". Er hat zahlreiche Bücher geschrieben und einen eigenen Podcast. Mit mehr als 60 Alben hat er verschwindende natürliche Klanglandschaften produziert. In diesem Podcastinterview mit Krista Tippet erzählt er von seinem Schaffen und davon, was die Stimme der Natur in uns bewirken kann.
📲 Meine liebste Meditationsapp ist Waking Up. Hier gibt es neben täglichen Meditationen vor allem auch wissenschaftliche und spirituelle Talks, die helfen, tiefer in die Materie und das Wunder der Meditation einzutauchen.
🧘♀️ Graciette Justo bietet Wochenend-Schweigeretreats in Fulda an. Großartige Möglichkeit, intensiver und sicher mit toller Begleitung nach innen zu schauen.
🍃 Wer schon einmal etwas von Vipassana (10 Tage schweigen) gehört hat und nicht abgeschreckt davon ist, findet hier tolle Angebote, die wohl intensivste Erfahrung der Stille zu erleben.
Liebe Elena.
Genau das ist es :-)
Pleasure Walks - sie gehören seit langer Zeit zu meinem Leben. Eintauchen in die Geräusche des Waldes. Die Gedanken sein lassen, dem Klopfen des Spechtes zu lauschen, das Rauschen der Bäume wahrzunehmen, die Gerüche der feuchten Blätter aufsaugen, die Rinde eines Baumes berühren, kleine Käfer krabbeln sehen und einfach nur einen Fuss vor den anderen setzen. Nichts ist besser für mich um meine innere Ruhe und vor allem mich selbst zu finden. Let's keep walking. Liebe Grüsse Evelyn